perspektive

Rückblickend vermag ich nicht mehr genau zu sagen, wann all diese Überlegungen festen Bestand in meinem Denken fanden und greifbare Realität wurden. Gewiss waren schon immer diese Sehnsüchte aufzubrechen, etwas zu erleben, sich selbst zu erfahren und an seine Grenzen zu bringen, tief in mir verwurzelt. Aber in diesem Sommer - und ich glaube es begann mit unseren Bergtouren -
schien das
alles viel mehr zu sein, als bloß der Drang nach körperlicher Aktivität und tiefgründigen Gesprächen darüber,
was dem Leben einen übergeordneten Sinn verleihen könnte.

Und wenn man bei "Sinn" nicht gleich alles in Frage stellt und auch mal von biologischen und moralischen Aspekten absieht, so bleibt doch eine Sache allgegenwärtig und von wesentlichem Bestand: Das Suchen, Abstecken und Erreichen persönlicher Ziele - den Rahmen stets erweiternd. Ob diese Ziele ein Menschenleben ausfüllen oder nur von kurzer Dauer sind, spielt keine Rolle.
Bedeutend ist nur, dass sie vorhanden sind und das nach dem Erreichen weitere Ziele folgen.

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Weder Reinhold Messner noch Hans Kammerlander oder andere Bergsteiger waren je meine Idole. Dennoch verschlang ich fast all ihre Bücher und ließ mich fesseln von ihren Erzählungen und ihrer Art zu leben. Sie entsprach meinen Prinzipien und Idealen, an denen ich seit klein auf festhalte - egal wie vehemment die Gesellschaft oder die Zeit, in welcher wir leben, versucht dagegen vorzugehen. Denn alles was nicht dem gewöhnlichen Raster entspricht, wird negativ bewertet oder als Utopie angesehen. Als erfreuten wir uns tatsächlich an den goldenen Käfigen, in denen wir uns selbst gefangen halten, ohne es noch zu bemerken, wo jede Stunde der andern gleicht...

Am 03. Dezember 2008 fuhren Andi und ich nach Schwäbisch Gmünd. Hans Kammerlander hielt dort im Congress-Centrum einen seiner Vorträge. "Am seidenen Faden - von Südtirol zum Jasemba". Egal zu welchem Zeitpunkt - als er seinen zweistündigen Vortrag hielt, oder später, als er Bücher signierte - allen Anwesenden stand ein ehrfürchtiges und herzliches Lächeln ins Gesicht geschrieben. Selten erlebt man eine ausgeglichenere Person, die mit sich selbst so sehr im Reinen ist, wie es nur möglich zu sein scheint. Stille Anerkennung für ein Leben, ganz den Bergen verschrieben, wie wir es uns in unseren kühnsten Träumen nicht ausmalen können. Dieser Mensch hat alles erreicht. "Nun, das mögen ja nur Gipfel gewesen sein", mag da jemand behaupten. Dieser jemand ist es aber auch, der 90 Minuten einem Ball hinterher rennt und das für sinnvoller hält. Und dieser jemand wird es auch sein, der den Kammerlander womöglich für einen unrasierten Niemand hält, wenn er ihm auf der Straße begegnet. Merkwürdig nur, dass dieser Niemand ein Leben lang nichts anderes gemacht hat, als das, was ihm Spass macht. Er hat seine Träume realisiert und so gelebt, wie er es möchte - nach seinen Vorstellungen. Und wer bitte kann das schon von sich behaupten? Wo sind denn unsere Achttausender? Welche Ziele können wir vorweisen?
Wo bitteschön haben
wir uns selbstverwirklicht? Im Beruf vielleicht? Entspricht das aber auch tatsächlich unserer Berufung?
Wir sind umgeben von Angebern und Schwätzern. Personen, die sich für was Besseres halten und sich auf ihr Studium
oder Diplom etwas einbilden. Anstatt wirklich groß zu sein fühlen sie sich nur groß - welch
Unterschied!

Nach diesem Vortrag blieb jedenfalls kein Raum für Selbstzweifel. Er bestätigte alles was ich in mir trug. Es ist egal, wer du bist, woher du kommst oder welchen Beruf du hast. Wichtig ist nur, dass du dir und deiner Natur treu bleibst und das tust, was dich glücklich macht.

Nun mag so ein Leben durchaus auch gefährlich erscheinen. Aber der Mensch neigt dazu Gefahren stets negativ zu bewerten anstatt eine Chance darin zu sehen, über sich selbst hinaus zu wachsen und sich zu definieren. Hätten Messner, Kammerlander und all die anderen "Berufsabenteurer" stets auf die besorgten Menschen und Kritiker gehört, die gerade mal auf einen Barhocker steigen und sich ihr Leben im Fernsehen anschauen, was wäre dann aus ihnen geworden? Sie stünden nicht da wo sie heute stehen. Und seien wir doch mal ehrlich: lieber ein selbst bestimmtes Leben mit potentiellen Gefahren als kein Leben dank unzähliger Sicherheiten,
wo andere ständig versuchen für uns zu bestimmen.

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Ich ahnte schnell wie sehr mir die gemeinsamen Touren fehlen würden, wenn die kältere Jahreszeit anbrach. Dennoch wollte ich nicht darauf verzichten. So fuhr ich am 12. Dezember zum Bergfreunde-Shop nach Kirchentellinsfurt (zwischen Reutlingen und Filderstadt) und verglich einige Schneeschuhmodelle miteinander. Vorab konnte ich mich zwar ein wenig durch Erfahrungsberichte schlagen und mir auf verschiedenen Seiten einen Überblick über die jeweiligen Einsatzbereiche verschaffen, aber vor Ort würde ich mir ein genaueres Bild machen. Nicht lange und meine Wahl viel auf die MSR Lightning. Mit 269,95,- die teuersten aber zugleich auch stabilsten und leichtesten Schuhe derzeit. Beide wogen zusammen 1,5kg. Letztendlich bekam ich sie sogar für 240,-. Auf der Heimfahrt ließ ich nun
ein wenig
meine Gedanken kreisen: wegen des Vorankommens in Eis und Schnee würde ich mehr Zeit für Auf- und Abstieg einplanen müssen. Zeit die begrenzt war. Denn in selbem Maße hätte ich durch die jahreszeitlich bedingte, eher einbrechende Dämmerung
weniger Spielraum für eine Tour. Und auch die Anforderungen an
meine Kondition stufte ich höher ein.

Beim Sportsohn in Ulm fand ich glücklicherweise wonach ich suchte. Einen Bergschuh, der dank seiner Konzeption gleich mehrere Eigenschaften erfüllte. Mit ihm konnte ich in die Schneeschuhe und gleichzeitig in die Bindung von Skiern und Snowblades steigen. Dennoch war er leicht und bequem genug um damit problemlos wandern oder gar rennen zu können. Von innen und außen wasserdicht, einsatzfähig bis zu -50 Grad, verdammt resistent. Jetzt noch die Snowblades, ein Paar Stöcke und Socken ausgesucht und schon war ich um weitere 460,- leichter. Aber vollständig ausgestattet.

Diese Anschaffungskosten fielen einmalig an. Was ich bei meinen Abenteuern aber erleben sowie an Eindrücken und Emotionen mitnehmen werde, ist unbezahlbar. Und mehr noch: künftig habe ich einen Grund mich so richtig auf den Winter zu freuen,
habe ich doch neue Ziele für mich entdeckt. Gutes Wetter heißt von nun an: Schneefall in rauen
Mengen...

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